Ein großes Problem, mit dem wir alle zu kämpfen haben, ist unsere genetisch verankerte Neigung, negativen Inhalten weitaus größere Aufmerksamkeit zu schenken und wesentlich mehr Gewicht zu geben als positiven.
Dies gilt in praktisch allen Lebensbereichen.
- So reagieren wir z.B. stärker auf negative Stimuli und Bilder und erinnern uns auch detaillierter an sie als an positive.
- Unser inneres Alarmsystem, die Amygdala, nutzt zwei Drittel ihrer Nervenzellen für die Suche nach Hinweisen auf schlechte Nachrichten. Negative Ereignisse und Erfahrungen werden von ihr besonders schnell ins Gedächtnis eingespeichert.
- Umgekehrt müssen wir uns auf positive Ereignisse und Erfahrungen mindestens 10 Sekunden oder länger konzentrieren, bevor sie aus dem Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis überführt werden.
- Wenn uns an einem Tag etwas Gutes und etwas Schlechtes wiederfährt, reagieren wir stärker auf das Schlechte als auf das Gute, selbst wenn beide Erfahrungen etwa gleich stark bewertet werden.
- Lassen wir unseren Gedanken freien Lauf, erinnern wir uns eher an etwas, das uns verärgert hat oder das schief gegangen ist, als an etwas, das uns glücklich oder stolz gemacht hat.
- In Beziehungen müssen wir laut dem Beziehungsforscher John Gottman etwa 5 positive Interaktionen erleben, um die Auswirkungen von nur einer negativen auszugleichen. Wie viele von uns jedoch bereits schmerzlich feststellen mussten, kann manchmal sogar schon eine einzige Kränkung ausreichen, um ein langjährige Freundschaft zu zerstören.
Aufgrund all dieser Fakten schreibt der Psychologe Dr. Rick Hanson, unser Gehirn verhalte sich negativen Erfahrungen gegenüber wie ein Klettband und positiven Erfahrungen gegenüber wie Teflon.
Aber warum ist dies so?
Laut der Evolutionsbiologie entstand unsere Negativitäts-Programmierung ursprünglich, weil sie für unsere frühen Vorfahren überlebenswichtig war. In einer lebensbedrohlichen Welt mussten sie potenzielle Gefahren nämlich möglichst schnell erkennen und sofort darauf reagieren. Ihr Überleben war davon abhängig, negativen Reizen und Erfahrungen besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Diese durchaus wertvolle Überlebensstrategie wurde dann über Jahrtausende von Generation zu Generation vererbt und will uns auch heute noch vor Gefahren schützen.
Selbst in guten Zeiten führt unsere Negativitätstendenz dazu, dass wir ständig irgendwelche Bedrohungen und Schwierigkeiten in unserem Leben erwarten und potenzielle Probleme in ihrer tatsächlichen Gefährlichkeit überschätzen. Darüber hinaus begünstigt die Negativitätstendenz Vermeidungsverhalten sowie das Erleben von Stress und anderen unangenehmen Gefühlen wie Wut, Niedergeschlagenheit oder Hoffnungslosigkeit. Abgesehen davon hebt sie Misserfolge und leidvolle Erfahrungen der Vergangenheit hervor, spielt das Gute der Gegenwart herunter und bläht die Angst vor zukünftigen Schwierigkeiten künstlich auf.
Jetzt jedoch befinden wir uns tatsächlich seit langer Zeit zum ersten Mal in einer Situation, die für uns alle lebens- und existenzbedrohliche Ausmaße hat. Und da uns die Negativitätstendenz schon in guten Zeiten massive Probleme bereiten kann, ist klar, dass sie jetzt geradezu Amok zu laufen droht.
Um dies zu vermeiden, sollten wir deshalb besonders darauf achten, welche Informationen wir in unser Unterbewusstsein aufnehmen, – und wie viele davon.
Schließlich stürzen sich die Medien, von denen wir unsere Informationen bekommen, grundsätzlich auf die dramatischsten und extremen Aspekte einer Situation, um ihre Artikel dadurch hervorzuheben und möglichst viele Leser oder Zuschauer zu erreichen. Außerdem führt die schiere Menge an Artikeln zum Thema dazu, dass wir gar nicht mehr bemerken, womit wir uns sonst noch alles beschäftigen könnten. Dies war schon immer so, ist derzeit aber besonders gefährlich.
Um dies zu veranschaulichen möchte ich den ehemaligen Professor für Internationale Gesundheit Hans Rosling zitieren, der in seinem Buch „Factfulness“ Recherchen zur Schweinegrippe im Jahr 2009 veröffentlich hat. Damals waren innerhalb weniger Monate tausende Menschen an der Schweinegrippe gestorben. Da ihn die Medienhysterie nervte, berechnete er über einen Zeitraum von 2 Wochen das Verhältnis zwischen Medienberichten und Todesfällen. Während dieser Zeitspanne starben 31 Menschen an der Schweinegrippe und eine Mediensuche in Google ergab gleichzeitig 253442 Artikel über die Krankheit. Das waren 8176 Artikel pro Todesfall. Im gleichen Zeitraum von 2 Wochen waren in der 3. Welt aber gleichzeitig 63066 Menschen an Tuberkulose gestorben. Über dieses Thema gab es jedoch nur 0,1 Artikel pro Todesfall. Jedes Todesopfer der Schweinegrippe erfuhr somit 82000-mal mehr Aufmerksamkeit als die nicht minder tragischen Todesfälle durch Tuberkulose. Die Masse der Berichterstattung war also vollkommen unverhältnismäßig
Nun liegt es mir fern, die Tragik der derzeitigen Corona Epidemie herunter zu spielen. Dennoch sehe ich dabei klare Parallelen zum medialen Umgang mit der Schweinegrippe im Jahr 2009. Dieses Mal jedoch noch um ein Vielfaches potenziert.
So erleben wir derzeit ein gigantisches Festbankett für unsere Negativitätstendenz. Und viele können sich diesem Sog nicht entziehen. Wie ferngesteuert zwingt sie ihr inneres Alarmsystem dazu, stündlich die neuesten Horrorszenarien und Horrorprognosen aus den Medien aufzusaugen, wodurch ihre gesamte Aufmerksamkeit und ihr Unterbewusstsein von Angst vergiftet werden. Dies muss aber eigentlich gar nicht sein. Schließlich könnten wir uns genauso gut am Erblühen der Natur im Rahmen der ersten Frühlingstage erfreuen, oder an vielen anderen Dingen.
Wer sich von der Panikmache der Medien nicht über die Maßen infizieren lassen will, sollte sich also an seine Fähigkeit erinnern, die eigene Aufmerksamkeit bewusst zu steuern. Dies bedarf für manche allerdings einer klaren Willensentscheidung. Der Entscheidung, sich nicht mehr ständig mit Corona zu beschäftigen, sondern stattdessen mit all den anderen Dingen, auf die man ebenfalls achten könnte: auf die Natur, unsere Mitmenschen, unsere Hobbys und Interessen etc. Das Leben hat schließlich viel mehr zu bieten als Corona.
Wenn du also bemerkst, dass dich die Beschäftigung mit Corona und den potenziellen wirtschaftlichen Folgen des gegenwärtigen Shutdowns in permanente Angst versetzt, stelle dir Fragen wie: „Wie kann ich an dieser Situation wachsen und die besten Aspekte meiner Selbst zum Vorschein bringen?“ oder „Wenn ich an der gegenwärtigen Situation schon nichts ändern kann, wie könnte ich diese Zeit wenigstens nutzen, um mir und anderen etwas Gutes zu tun.“
So bieten Zeiten wie diese die Gelegenheit, sich den Irrsinn der eigenen Negativitäts-Programmierung bewusst zu machen und sich ihm entgegenzustellen.
Hierbei kann auch die Anwendung von PEAT und den anderen Psychointegrationsmethoden eine wertvolle Unterstützung sein. Derartige Methoden helfen uns schließlich enorm dabei, unsere auf beängstigende Inhalte fixierte Aufmerksamkeit wieder zu befreien und unverhältnismäßige Ängste auf ein Minimum zu reduzieren.
Vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um Selbsthilfemethoden wie PEAT über Skype zu erlernen oder einmal auszuprobieren. Hierfür stehe ich gerne zur Verfügung.
Ich wünsche Euch Gesundheit und eine bestmögliche Zeit trotz Corona!
Euer Michael