Die Hawkins Skala von 0- 50: Scham, Schuld, Apathie

Level 20 – Scham; Level 30 – Schuld

Scham- und Schuldgefühle gehören zu den belastendsten Emotionen, die wir als Menschen kennen.

Ihre Funktion liegt normalerweise darin, uns darauf hinzuweisen, wenn wir gegen eigene, familiäre oder gesellschaftliche Werte verstoßen haben. Ist dies der Fall, können sie geheilt werden, indem wir unsere eigenen geheimen Absichten und Geheimnisse offenbaren sowie das, wessen wir uns schämen. Wir können unsere „schlimmen“ Taten beichten, sie aufrichtig bereuen, uns dafür entschuldigen oder Wiedergutmachungen anbieten. Falls andere uns beschämt haben, können wir ihnen verzeihen. Handeln wir auf diese Weise, haben die Scham- und Schuldgefühle ihren Zweck erfüllt und können wieder abklingen.

Begehen wir jedoch Taten oder wiederfahren uns schreckliche Dinge, die wir seelisch nicht  verarbeiten können und die für unser Selbstverständnis inakzeptabel erscheinen, dann können die daraus resultierenden Scham- und Schuldgefühle krankhafte und gefährliche Ausmaße annehmen.

Wenn wir uns die schrecklichen Taten, die wir selbst begangen haben, nicht verzeihen können, entsteht ein Selbstbestrafungswunsch, der in Richtung Selbstzerstörung führt.

Wurde uns umgekehrt etwas Schreckliches angetan, womit wir nicht leben können, passiert oft etwas Ähnliches. Wir fühlen uns als Opfer, beschämt, gedemütigt und möglicherweise beschmutzt (wie es bei Missbrauchsopfern häfig der Fall ist), können dem Täter nicht vergeben und beginnen zudem damit, ihn, die Welt, das Schicksal und uns selbst für das Erlebte zu hassen.

In diesem Fall kann ebenfalls ein Selbstbestrafungswunsch mit den entsprechenden Tendenzen in Richtung Selbstzerstörung entstehen. Masochismus, Selbstbestrafung, Selbsteterniedrigung und Selbstverletzung können hier ihren Ursprung haben. Oft aber auch übermächtige Rachegelüste und Zerstörungswünsche.

Aus diesem Grund neigen alle Menschen, die sich auf der Hawkins Skala chronisch unter dem Level 50 befinden zur Selbst- und Fremdzerstörung. Sie alle leiden unter einer psychologischen Umkehrung, so dass es ihnen leichter fällt, zerstörerische Handlungen zu begehen als konstruktive.

Ihre Grundeinstellung zu sich und dem Leben lautet „ich bin nicht ok, du bist nicht ok“, was so viel bedeutet wie „Das Leben ist die Hölle, ich bin wertlos und alle anderen auch“. Dies erklärt auch, warum diesen Menschen zerstörerische Akte legitim erscheinen.

Wer unter diesen Umständen seinen Hass nach außen richten, ist häufig kriminell bzw. sadistisch, da er aus Handlungen, die gegen das Leben gerichtet sind, einen Lustgewinn und Energie bezieht. Die hier angesiedelten Verbrechen beinhalten nicht selten Demütigung, Sadismus, Folter, sexuellen Missbrauch, Erniedrigung und Entweihung (z.B. Kinderschändung).

Andere auf dieser Stufe drücken ihren Hass auf sich selbst und das Leben durch Selbstverletzungen, Verwahrlosung, Gleichgültigkeit, eine hohe Unfallaffinität oder Selbstmordversuche aus.

Menschen auf diesem Level sind eine Gefahr für sich und/oder andere.

Sie benötigen Hilfe, können durch Psychotherapie aber häufig nicht erreicht werden. Nicht selten landen sie in der Psychiatrie oder im Gefängnis.

Was sie jedoch wirklich dringend bräuchten, wäre Vergebung.

Neben diesen schwer traumatisierten Menschen gibt es aber noch sehr viele andere, die sich im Durchschnitt all ihrer Persönlichkeitsanteile auf einem höheren Niveau auf der Hawkins Skala befinden und trotzdem von massiven  Schuldgefühlen geplagt werden. Unter diesen sind z.B. all jene, die sich  in der Kindheit ständig anhören mussten, dass sie schuld am Unglück ihrer Eltern sind, obwohl sie gar nichts Schlimmes getan haben. Vielleicht war die Mutter mit ihnen überfordert oder der Vater enttäuscht, weil sein Kind nicht so wurde, wie er sich gewünscht hätte. In einer solchen Atmosphäre lernten sie, allein schon dadurch schuldig zu sein, weil sie auf der Welt sind oder oder sich ihrem Naturell gemäß verhalten.

Auch wenn die Schuldgefühle dieser Menschen von außen betrachtet völlig ungerechtfertigt sein mögen, werfen sie trotzdem einen dunklen Schatten auf das Leben der Betroffenen. Die Folge sind typischerweise allerlei Selbstboykottmuster,  eine deutliche Neigung zu Depressionen und  Suchterkrankungen.

In diesen Fällen kann die Anwendung von PEAT oder anderen Psychointegrations-Methoden äußerst hilfreich sein. Man exploriert dann problematische Erinnerungen, die mit dem Schuldgefühl zusammenhängen und führt auf die schlimmsten davon einen oder mehrere PEAT-Prozesse aus. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass nicht nur die Opferperspektive, sondern auch die Perspektive  der Täter mitbearbeitet werden.

Beispiele für den Bereich unter 50 auf der Hawkins Skala:

Folterkammern; Konzentrationslager; Hahnenkampf Arenen; Drogen Labore; Gewalt-Porn-Filme; sexuelle Sadisten; Terrorismus; schwere Psychopathen; Serienkiller; Sklaverei;  Satanismus; Voodoo; Kriegsverbrechen; Heroin; Crystal Meth.

 

Auch wenn viele das Glück haben, niemals ernsthaft in die Abgründe krankhafter Schuld- und Schamgefühlen abzugleiten, erleben wir doch fast alle irgendwann einmal in unseren Leben eine Phase der Depression und Hoffnungslosigkeit.

Vielleicht ereilt uns diese Erfahrung im Zusammenhang mit einer schweren Krankheit, dem Verlust oder der Zurückweisung durch eine geliebte Person oder aufgrund beruflichen Scheiterns. Manchmal ist es aber auch die Erkenntnis, eine wichtige Chance versäumt zu haben, eine folgenschwere Entscheidung getroffen zu haben oder ähnliches.

Was auch immer die Ursache sein mag, wir verlieren plötzlich jegliche Lebensfreude und –mut, fühlen uns schrecklich, vom Schicksal besiegt und ohne Hoffnung, jemals wieder glücklich sein zu können.

Genau dies ist die Atmosphäre, die Hawkins auf seiner Bewusstseinsskala auf Level 50 ansetzt.

Level 50 – Apathie, Resignation, Depression, Hoffnungslosigkeit

Während einer schweren klinischen Depression hat man keine Interessen mehr, keinen Antrieb, keine Kraft, keine Hoffnung, keine Perspektive, keine Ziele, keinen Zugang zu positiven Gefühlen und man reagiert nicht einmal mehr auf äußere Stimuli. Auf Deutsch, man hat aufgegeben.

Menschen die sich chronisch auf Stufe 50 befinden, sind nicht mehr dazu in der Lage, ihr Leben zu bewältigen. Sie sind extrem bedürftig und laufen ohne Hilfe von außen permanent Gefahr, sich auf passive Weise (durch Verwahrlosung, Alkohol- oder Drogenkonsum etc.) umzubringen. Für aktiven Selbstmord fehlt ihnen in der Regel die Kraft.

Die Atmosphäre der Depression ist extrem düster und auch ansteckend, wovon jeder ein Lied singen kann, der mit Depressiven zu tun hat. Das Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Hilflosigkeit im Angesicht der Depression ist mit nichts zu vergleichen. Aus diesem Grund werden Menschen auf Stufe 50 von der Umwelt unweigerlich als Last empfunden.

Bei alledem bildet die Stufe 50 der Hawkins Skala eine Art Schwelle. Von 0 bis 50 ist der Sog in Richtung Zerstörung des Lebens zwingend. Bei allen darüber liegenden Stufen nicht mehr.

Schwer chronisch depressive Menschen benötigen psychiatrische Hilfe. Sind die Depressionen jedoch weniger schwerwiegend, können sie auch anders bewältigt werden.

Hierfür haben sich verschiedene Formen der Psychotherapie als wirksam erwiesen sowie Kunsttherapie. Grundsätzlich kann Linderung aber auch durch alles erfolgen, was wieder Licht in die Dunkelheit der Seele bringt. Jede Art von Routine, Bewegung und Sport, Gebete, Hinwendung zur Spiritualität, Lichttherapie oder die Gesellschaft von Freunden und Haustieren. Unter den Psychointegrationsmethoden dieses blogs führt vor allem Zivorad Slavinski`s Methode „Verbale Reduktion und Expansion“ oft zu deutlichen Stimmungsaufhellungen.

Wichtig ist es, etwas zu finden, wofür es sich zu leben lohnt.

Beispiele für Level 50 auf der Hawkins Skala:

Hier finden sich die Verwahrlosten, die Abhängigen und Wracks, die Alten und Kranken, die jegliche Perspektive und Lebensqualität verloren haben.

 

Quelle: David Hawkins:  “Truth vs. Falsehood”